Die Wien-Wahl steht kommenden Sonntag am 11. Oktober an. 1.327.282 könnten theoretisch ihre Stimme abgeben. Wahrscheinlich werden es eher 792.000 also nur 60 %.
Die Wien-Wahl 2015 als Richtungszeiger für die Zukunft
Egal wie die Wahl im Detail ausgehen wird. Die FPÖ wird auf jeden Fall ein Rekordergebnis einfahren.
Die NEOS werden deutlich unter 10% bleiben.
Die Roten werden etwas verlieren.
Die Grünen gleich bleiben und die Schwarzen verlieren.
Die FPÖ hat offenbar die Chance tatsächlich zu gewinnen. Sollte dies passieren, dann wäre dies das Ende von Häupl und der Beginn von Bürgermeister HC Strache.
Gleichzeitig wäre es wohl auch das Ende von Faymann. Der Grund dafür ist, dass er wehemend gegen eine Kooperation mit der FPÖ ist. Die nächste Nationalratswahl kommt bestimmt und aus heutiger Sicht wird die SPÖ schwächer als stäker in die nächste Wahl gehen.
Die SPÖ wird aber sicherlich nicht riskieren erneut aus der Regierung zu fliegen und gibt deshalb lieber Parteiobmann und das Mantra der Ausgrenzung der FPÖ auf.
Die Frage ist, ob sich die ÖVP die Entwicklung in Ruhe ansehen wird, oder ob Sie „all-in“ gehen und die gesamte große Koallition aufkündigen und ebenso ihr Glück mit einem möglichen neuen großen Koallitionspartner namens FPÖ sucht.
Soweit so gut. Nichts Neues.
Was ist mit den NEOS?
Sie werden sicher in den Gemeinderat einziehen. Ob Sie die 10% Hürde nehmen können, ist sehr fraglich und das ist schade. Beate Meinl-Reisinger scheint fähig und mit unter 10% der Stimmen, wird sie in Wahrheit nicht viel ausrichten können.
Die letzten Wahlergebnisse in Österreich
Alle letzten Wahlen haben das gleiche Ergebnis gebracht. Die bestehenden Großparteien verlieren und FPÖ gewinnt. Ebenso mit demselben Ergebnis. Die angeschlagene Großpartei lässt sich mit dem bisherigen „Teufel“ ein, um an der Macht zu bleiben.
In Oberösterreich ist es noch nicht entschieden, aber Burgenland konnte nicht mehr anders und in der Steiermark wurde es in letzter Sekunde verhindert.
Die FPÖ wird immer seltener und nur noch mit immer größerer Anstrengung verhindert.
Was ist mit NEOS? Sie haben es nirgens in der Landtag geschafft. Ein Drama.
Stimmige Konzepte, wenig Resonanz
Die NEOS sind in Österreich etwas besonders. Nicht weil Sie „neu“ sind oder das „erfolgreichste Politik-Start Up“ seit 1945. Nein. NEOS sind besonders, weil ihr Parteiprogramm aus einem Ideal abgeleitet ist.
Da sind Menschen zusammengesessen und haben sich überlegt wie „es“ ausschauen soll, ohne Rücksicht darauf zu nehmen wie es heute ist.
Und das ist bemerkenswert.
Bei der Bestimmung des Ideals geht es ausschließlich darum ein Problem zu lösen. Das Problem soll nicht eingegrenzt werden, beschönigt, verschoben, sondern gelöst werden.
NEOS fürchtet sich auch nicht Systeme, die seit jeher bestehen, aufzugreifen, anzupassen oder einfach fallen zu lassen, wenn es dem Erreichen des Ideals dienlich ist.
Und das ist beachtlich. Beachtlich deshalb, weil sich das keine andere Partei in Österreich traut.
Allein diese Tatsache macht NEOS für mich interessant. NEOS scheint die einzige Partei zu sein, die bereit ist kurzfristigen Schaden in Kauf zu nehmen, um langfristig dem Ideal näher zu kommen. Schritt für Schritt, Gesetz für Gesetz.
Und das lässt mich glauben, dass sie einen Plan haben. Keinen Plan die nächste Wahl zu gewinnen, sondern ein Plan für Österreich.
Norwegen ist enorm reich aufgrund der Erdölvorkommnisse. Was machen die Skandinavier mit all dem Geld? Sie investieren es in „grüne Technologien“, subventionieren massiv e-Autos.
Sie könnten es genauso gut in Steuersenkungen investieren, in größere Firmenautos für die Politiker oder andere unnötige Maßnahmen. Nein, sie haben beschlossen nicht ins Jetzt zu investieren, sondern ins Morgen. Offenbar haben diese Damen und Herren einen Plan.
Welchen Plan hat unsere Regierung?
Ich fürchte sie haben keinen. Deshalb werden auch keine echten Reformen durchgeführt. Wie soll man auch etwas verändern, wenn man nicht weiß wofür?
Genau deshalb wundert es mich, dass NEOS nicht schon deutlich stärker ist, als sie heute sind.
NEOS bieten logische Lösungen für strukturelle Probleme an. Warum kommt es in Österreich so schlecht bis gar nicht an?
Zynimus gegenüber Veränderung
In einem Puls4-Interview wurde die Spitzenkanditatin der NEOS gefragt was sie in Wien verändern würde.
Ihre Antwort war das Problem in Wien ist die Korruption und der Filz. Einer ihrer ersten Schritte wäre es den Gemeinderat zu verkleinern und Parteiunterstützung zu kürzen.
Der Moderator meinte darauf hin zynisch. Aber wie soll das gehen. Die Politiker werden sich doch selbst nicht schaden und sich selbst das Geld kürzen. Wie soll das gehen?
Beate Meinl-Reisinger meinte darauf hin kurz: „Natürlich geht das. Man ändert ein Gesetz.“
Diese Annektode macht das Problem in Österreich sehr deutlich. Der Moderator war nicht absichtlich kritisch gegenüber der Dame von NEOS, sondern er hat aus seiner Erfahrung mit Politik und dem Wissen „wie es in Österreich rennt“ diese ehrliche Frage gestellt.
Diese Geschichte zeigt auch warum SPÖ und ÖVP verlieren und FPÖ gewinnt.
Fehlende Glaube an Veränderung
Die Österreicher glauben nicht mehr an Veränderung. Seit Jahren predigt der Rechnungshof einen wachsenden Katalog an notwendigen Änderungen im System Österreich ein.
Trotzdem – es passiert nichts.
Der Rechnungshof ist kein Haufen Rechnungswesen-Studenten, sondern eine staatliche Einrichtung, deren einzige Aufgabe es ist, die Machenschaften der Behörden und des Staates zu kontrollieren, damit kein Unfug passiert.
Jetzt wird ständig Unfug gefunden und die Regierung und Landtage ändern trotdem nichts.
Was muss sich jeder Österreicher denken? Veränderung ist nicht möglich.
Und darum wählen immer mehr FPÖ. Nicht weil sie zwingend einverstanden sind mit dem Programm der FPÖ, sondern gegen den Stillstand. Oder in anderen Worten:
Die Stärke der FPÖ ist die Schwäche der Regierung.
Das ist auch der Grund, warum die Flüchtlingsproblematik noch mehr Menschen in Richtung FPÖ getrieben hat.
Niemand will Flüchtlinge die Türe vor der Nase zuschlagen. Niemand will, dass Menschen auf der Straße schlafen müssen. Niemand will, dass diese Menschen leiden müssen.
Die Planlosigkeit unserer Regierung lässt die Menschen aber einfach glauben, dass man nicht mit diesen Problemen zu recht kommen kann und deshalb sollten wir sie lieber rausschmeißen. Die FPÖ fordert genau das, also wählen wir FPÖ.
Was muss passieren
Die ÖVP und SPÖ aus heutiger Sicht sind nicht mehr im der Lage ein Ideal für Österreich zu entwickeln.
Das liegt daran, dass diese Vision durch zu viel Einflussnahme von den einzelnen Organisationen so weit verschandelt wird, dass das überbleibende „Idealchen“ nicht mehr Österreich dient.
Die überbleibende Vision dient erst recht wieder nur seinen Organisationen.
Die FPÖ wird nichts ändern können, weil das nicht das Konzept dieser Partei ist. Die Aufgabe der FPÖ ist es zu kritisieren, Protestwähler zu sammeln und so ständig Druck auf die Machthabende-Kraft auszuüben.
Und diese Aufgabe ist wichtig, weil so die Regierung gezwungen bleiben sollte aktiv zu bleiben.
Die Grünen haben einen Drang nach Regulierung. Alles muss genau festgeschrieben sein und das ist gefährlich, wenn man etwas Neues anfängt.
Ein neues System muss aber simple sein und trotzdem funktionieren.
Mit Anpassungen, Aussnahmen, Sonderregelungen kann man kein neues System auf die Füße stellen. Eine Totgeburt am ersten Tag.
Bleiben die NEOS. Sie haben das Potential Änderung anzustoßen. Ihr Problem ist aber nicht das fehlen eines Plans für Österreich.
Ihr Problem ist der Glauben der Bevölkerung, dass Veränderung nicht möglich ist.
Es reicht nicht, stimmige Vorschläge zu präsentieren. Es reicht nicht Programme zu präsentieren, die wissenschaftlich gestützt sind.
Es reicht nicht ein Ideal zu haben, wenn die Bevölkerung nicht glaubt, dass es das Ideal erreichen kann.
1 > 0
Der einzige Weg dieses Vertrauen, diesen Glauben wiederherzustellen ist klein anzufangen.
Es ist zwecklos für NEOS Steuerreformen zu fordern oder ganze Bildungssysteme auf den Kopf zu stellen.
Die Menschen werden nur sehen, dass NEOS daran scheitert es umzusetzen. Was in der öffentlichen Wahrnehmung bleibt sind „naive“ Zwischenrufe, ohne Chance auf Umsetzung.
Wenn NEOS sich aber auf die kleinen Erfolge konzentriert. Egal welche es auch sind und der Bevölkerung anschließend zeigt: „Schau her, wir konnten das verändern. Ein, wenn auch kleiner, Schritt näher in Richtung unseres Ideals.“
Dann wird die Bevölkerung irgendwann wieder Vertrauen finden und NEOS die Stimmkraft verleihen, die sie braucht um die großen Probleme zu lösen.
NEOS darf nicht die Kraft vergeuden alle Probleme sofort zu 100% lösen zu wollen. Aber immer in Auge behalten, dass 1 ist besser als 0 ist.
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